Wo fange ich an … für die letzten Tage an der Küste setzen wir uns mitten rein zwischen die klassischen Orte der mutmaßlich Reichen und Schönen: in Villeneuve-Loubet Plage, direkt neben Cagnes-sur-Mer ist mehr oder weniger der einzige Campingplatz zwischen Cannes, Antibes und Nizza, und wir nisten uns die vier letzten Nächte hier ein. Schon der Ort selbst empfängt uns mit einer Architekturikone des 20. Jahrhunderts an der Baie des Anges, und nebenan in Cagnes gibt es das Musée Renoir.
Das passt uns eigentlich perfekt, setzt es doch gerade zu etwas längerem Regenwetter an. Also brav den Restmontag aussitzen und gegen Abend nur bissl zum Strand runter – sensationeller Kiesstrand und tolle Wellen hier! Dienstag dann ganz bestimmt ins Musée Renoir – oder? Überraschung: Warum in Gottes Namen sind hier die Museen montags geöffnet und Dienstag zu??? Wenn man sich doch in der Regel auf eine Sache international verlassen kann, sind es Museumsöffnungszeiten … nun ja. (Nicht, dass uns das Dienstag nicht noch mal im Musée Fernand Legér nebenan in Biot passiert wäre…)
Dann also mit dem Fahrrad an der Küste entlang nach Antibes, die Halbinsel Richtung Westen. Nicht vergessen: auf dem Weg zur Vauban-Festung zwischendurch mal stehenbleiben, umdrehen und den sensationellen Blick auf Meer und Alpen genießen!
Antibes ist überaus charmant, mit Markthalle, Antiquitätengeschäften, Architektur, netten Lokalen mit Blick auf die Alpen (da kosten die Crêpes gleich mal doppelt so viel wie in Fréjus…). Was – uns – nicht so völlig offensichtlich ist, ist die Tatsache, dass der Ort „einer der prestigeträchtigsten und teuersten Orte in ganz Frankreich“ ist. Um eine schöne brutalistische Kirche zu besichtigen, fahren wir aus dem Zentrum ein bissl raus, da sieht das durchaus bodenständig-städtisch aus. Irgendwo müssen ja auch die Dienstboten wohnen …
Der Campingplatz am Hippodrôme in Villeneuve-Loubet ist ein ordentlicher, aber gut gefüllter und auch deutlich engerer Platz als alles davor. Hier kommt die touristische und städtische Prägung schon voll durch. Für die Kater nicht ganz so fein, aber sie hatten ja schon sehr viel Auslauf auf dieser Reise.
Der dritte Tag war der Hammer: Mit dem Fahrrad nach Cagnes-sur-Mer rüber, ein Hops und den Berg rauf zu Renoirs Villa. Hier hättest du mich absetzen und drei Tage später wieder einsammeln können. Eine wunderbar ruhige Atmosphäre. Die Anordnung der Gemälde in den einzelnen Räumen des Museums folgte praktisch dem Blick nach draußen, und dort empfingen uns Orangen- und Olivenbäume.
Aber natürlich zieht es Ray weiter zu den großen Namen, und wir fahren durch Baustellengewirr zum Bahnhof in Cagnes (etwas nervig), schließen die eBikes doppelt und dreifach an und nutzen dann den hervorragenden ÖPNV nach Cannes. Ein paar Schritte bis zum Palais des Festivals et des Congrès, vom dem ich ja überhaupt keine Vorstellung hatte. Es liegt direkt neben dem Yachthafen und hier springt einem – anders als in Antibes – das Geld mit dem Hintern ins Gesicht. Ausgerechnet heute laufen hier auch noch ein paar hundert schnieke „Private Equity Manager“ mit Namensschildern um den Hals rum, die auf einem „Wealth“-Kongress sind. Mir wird ganz leicht übel und ich bin froh, dass es noch ein paar andere Ecken in Cannes gibt, z.B. ein hübsches brutalistisches ;-) Bauwerk, für das wir wieder abseits der touristischen Ecken unterwegs sind, oder eine alte Markthalle, um die herum feine kleine Bistros für den Mittagssnack angesiedelt sind. Ok, die Herrschaften, die sich hier eine Badewanne voll Austern und eine Pulle Champagner an den Tisch bringen lassen, blenden wir mal kurz aus.
Der Blick vom Burgberg auf das Hafenbecken versöhnt noch ein wenig mehr mit dem ersten Eindruck, hier ist angenehm wenig los und der Ausblick ist … nett.
Und ihr werdet es kaum glauben, aber am vierten Tag war auch noch Nizza dran. Soviel zu „langsamem Reisetempo“, aber dadurch, dass wir eine feste Base hatten, fühlte sich das alles total richtig und entspannt an. Einfach den Zug in die andere Richtung die Küste entlang besteigen und in einer knappen halben Stunde ist man in Nizza. OK, hier hat das Regenwetter wieder zugeschlagen, und wir nehmen selbst zum Musée des Beaux-Arts den Bus, weil die Schuhe sich schon einmal gut vollgesogen hatten. Nach dem Mittag ging’s dann aber, und wir genossen eine völlig leere Strandpromenade. Nizza ist natürlich eine ganz andere Nummer und wäre eine eigene Reise wert – hier sitzt altes Geld, alte Kultur und selbst im Regenwetter beeindruckt die Stadt, die von den architektonischen Dimensionen schon etwas an Paris erinnert.